Konferenz zum Thema Saubere Mobilität

Am 15. und 16. November 2018 fand im Festsaal der Wiener Börsensäle die vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) organisierte Konferenz zum Thema Saubere Mobilität statt.

Eröffnet wurde die Konferenz mit Impulsreferaten hochrangiger PolitikerInnen und VertreterInnen der europäischen Zivilgesellschaft. Darin wurde über bereits erfolgreiche Umsetzungen informiert und auf noch umzusetzende Maßnahmen bzw. auszuverhandelnde Themen hingewiesen.

Erwähnung fanden in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit des Öffentlichen Verkehrs, sauberer Mobilität und E-Mobilität sowie der umweltfreundlichen und aktiven Mobilitätsformen Gehen und Radfahren. Chancen werden zudem im Intermodalen Verkehr und bei Smart Cities verortet. Da die Treibhausgasemissionen zu einem Viertel durch Transport verursacht werden, ist ein rascher Übergang zu sauberer Mobilität bzw. zur Vision Zero bis 2050 notwendig. Es ist entscheidend, dass ehrgeizige CO2-Emissions-Grenzen festgelegt werden – Ziel ist die Emissionsfreiheit (no-emission targets). Herausforderungen entstehen dadurch für die Automobilindustrie, durch die steigende Nachfrage für saubere Fahrzeuge in der öffentlichen Beschaffung sowie im Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe.

Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die Bahn, wobei die Schiene künftig im grenzüberschreitenden Verkehr einen wichtigen Part einnehmen soll. Hier müssen noch Anstrengungen im Hinblick auf technische Vereinheitlichungen vorgenommen werden. Bei der Verlagerung des Transports vom Lkw auf die Schiene wurde auf die Notwendigkeit einer offenen und ehrlichen Diskussion hingewiesen, da sich die Verlagerung teilweise schwierig gestaltet. Das Ziel sei eher Komodalität als Verlagerung. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verschiedener Verkehrsmodi ist sehr wichtig. Die Veränderungen in der Arbeitswelt durch den Wandel in den Antriebsformen soll nicht zu einem Verlust von Arbeitsplätzen für ArbeitnehmerInnen und Beschäftigte führen. Diesem Thema verspricht die Kommission sich anzunehmen.

Im Kontext sauberer Mobilität spielt der Öffentliche Verkehr eine wesentliche Rolle. Den Ansprüchen der Bevölkerung, leistbar und mit einem sicheren Angebot mobil zu sein, auch im ländlichen Bereich muss Rechnung getragen werden.

Aufgrund aktueller Erkenntnisse des IPCC-Weltklimarats sind deutlich mehr Anstrengungen im Klimaschutz als bisher vonnöten. Wir sind die erste Generation, der es bewusst ist, dass sie den Planeten zerstört und auch die erste Generation, die dies verhindern kann. Aufgrund der Wichtigkeit des Beitrags verschiedener Akteure, der über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, ist Zusammenarbeit in diesem Kontext wichtig.
Ebenso wurde auf die UNO-Klimakonferenz COP 24 in Katowice hingewiesen.

 

Im Anschluss fanden 3 Sitzungen zu den Themen Intermodalität und Korridore, Umweltfreundliche Mobilität und Herausforderungen für Ballungszentren statt:

Sitzung 1 – Intermodalität und Korridore

Im Zuge der ersten Sitzung wurde über den 9000km langen Skandinavien-Mittelmeer-Korridor (ScanMed) informiert, der Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes ist. Zudem wurde der weltweit längste Absenktunnel, der Schiene und Straße kombinieren wird, der Fehmarnbelt-Tunnel vorgestellt. Ebenso wurde über den italienischen Eisenbahninfrastrukturbetreiber Rete Ferroviaria Italiana S.p.A. berichtet.

Die künftige grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei den Transeuropäischen Netzen ist wichtig, um Intermodalität und Konnektivität zu gewährleisten.

 

Sitzung 2 – Umweltfreundliche Mobilität

In der zweiten Sitzung wurde über den bereits sehr hohen Elektrifizierungsgrad der ÖBB-Strecken informiert, wodurch vergleichsweise sehr wenig Treibhausgasemissionen entstehen. Zudem bezieht die ÖBB den Strombedarf für ihre Züge zu mehr als einem Drittel aus eigenen Wasserkraftwerken.

Seitens der DG Move wurde auf die ambitionierte Vorgehensweise des Europäischen Parlaments hinsichtlich CO2-Vorgaben für neue Pkws und Lkws hingewiesen.

Seitens des VCÖ wurde darüber informiert, dass Pkws und Lkws für den Großteil der klimawirksamen Emissionen verantwortlich sind. In Bezug auf den Umstieg auf alternative Antriebsformen ist es wichtig, das Gesamtbild zu betrachten, um Rebound-Effekte und andere negative Auswirkungen zu vermeiden. Elektro-Autos bringen Probleme in der Beschaffung der Rohstoffe für die Akkus mit sich. Dies muss mitgedacht und in Form einer Circular Economy ein Recycling-Prozess sichergestellt werden.
Sinnvolle Beiträge zu einer umweltfreundlichen Mobilität leisten die Nutzung kleiner und leichter Fahrzeuge, anstatt der Nutzung von SUVs, sowie die Erhöhung des derzeit sehr geringen Besetzungsgrades von Fahrzeugen im Individualverkehr. Eine solche kann durch Shared Mobility erreicht werden.
Beim Einsatz von Biodiesel ist dessen Erzeugung von großer Relevanz, welche keinesfalls etwa mit einer Abholzung des Regenwalds zur Herstellung pflanzlicher Rohstoffe einhergehen sollte. In diesem Zusammenhang ist eine Unterscheidung in Biokraftstoffe der ersten und zweiten Generation relevant.

Eine nicht zu vernachlässigende Rolle kann auch Wasserstoff in der Bereitstellung umweltfreundlicher Mobilität spielen. Besonders bei längeren Strecken kann sich Wasserstoff gut für den Antrieb von Lkws, aber auch für Busse oder Züge eignen.

 

Sitzung 3 – Herausforderungen für Ballungszentren

Das Rückgrat zum Funktionieren von Ballungszentren und großen Städten bildet gut ausgebauter Öffentliche Verkehr, der eine hohe Anzahl von Personen transportieren kann. Dies zeigt sich am Beispiel von Wien, wo es mehr ÖV-JahreskartenbesitzerInnen als Pkw-BesitzerInnen gibt. Künftig soll der Öffentliche Verkehr in Wien durch Mobilitätsstationen auf öffentlichem Grund erweitert werden. Diese WienMobil Stationen bieten der Bevölkerung ein Angebot an E-Bikes, sicheren Fahrradabstellplätzen, Car-Sharing, E-Ladestationen und Paketabholstationen.

Shared Mobility bei Pkws soll dort passiert, wo es kein entsprechendes Angebot des Öffentlichen Verkehrs gibt. Ein Umstieg vom Öffentlichen Verkehr auf Shared Mobility in Form von Pkws ist nicht sinnvoll, wenn ohnehin ein gut ausgebautes Öffentliches Mobilitätsangebot besteht.
Es wurde darauf hingewiesen, dass die Finanzierung guter Öffentlicher Verkehrslösungen derzeit noch unzureichend ist. In den kommenden Jahren ist zudem mit Engpässen beim Personal zu rechnen. Bedingt ist dies durch Eintritt in den Ruhestand vieler Beschäftigter im öffentlichen Transportsektor. Eine weitere Herausforderung der Zukunft ist die Digitalisierung des Verkehrssektors. Mobility as a Service und App-basierte Mobilitätslösungen und Mobilitätsangebote sollten nicht allein privaten AnbieterInnen überlassen, sondern von Öffentlichen Stellen betrieben werden (entweder durch die Gemeinden oder Kommunen selbst oder durch BetreiberInnen).

Als Herausforderung werden die Vorgaben seitens der EU für die Beschaffung von Fahrzeugen für die Bereitstellung des Öffentlichen Verkehrs gesehen. Die Vorgaben hinsichtlich Quoten für die Beschaffung von Bussen mit alternativen Antrieben (insbesondere elektrischer Antriebe) können aufgrund des fehlenden Angebots von entsprechenden Fahrzeugen in ausreichender Anzahl am Markt nicht erfüllt werden. Zudem kommen die Hersteller von E-Fahrzeugen und Batterien derzeit nicht aus der EU, sondern aus Asien. Auch die Hersteller von Bussen müssten durch entsprechende Vorgaben gefordert sein, diese Fahrzeuge herzustellen.

Durch die Bereitstellung eines guten öffentlichen Verkehrsangebots entstehen hohe Kosten, was zu erheblichen Investitionen für Städte in den kommenden Jahren führen wird. Um umweltverträglichen städtischen Verkehr zu gewährleisten ist dem Öffentlichen Verkehr Vorrang zu geben. Öffentlicher Verkehr sollte als Teil der Daseinsvorsorge im öffentlichen Eigentum sein. Um einen fairen Übergang zu klimaverträglicher Mobilität zu gewährleisten, müssen die Dekarbonisierung und die Digitalisierung des Verkehrs sozial gestaltet werden. Dies beinhaltet auch gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Zudem müssen Zusammenhänge zwischen Wohnen, Verkehr, Arbeitsplätzen, Armutsbekämpfung und Inklusion bedacht werden.

Das Sektorziel sieht im Verkehr eine Reduktion der Emissionen um ein Drittel bis 2030 vor. In Bezug auf den PendlerInnenverkehr ist es wichtig, auch das Umland von Städten bzw. den Ballungsraum in ÖV-Systemen mitzudenken. Die Nutzung des Pkws ist ein Zeichen für unzureichende Angebote im Öffentlichen Verkehr, von Arbeitsplätzen und von Versorgungsmöglichkeiten. Das Konzept des modernen Individualverkehrs besteht in der Freiheit, zwischen verschiedenen Optionen zu wählen und diese zu kombinieren. Die Digitalisierung und die Nutzung des Smart Phones ermöglicht die Entkopplung der Mobilität vom Besitz eines eigenen Pkws. Die höheren Wohnkosten in Städten werden durch die niedrigeren Mobilitätskosten ausgeglichen. Auch in Bezug auf Platzverhältnisse und Emissionen ist der Öffentliche Verkehr wesentlich effizienter als die Nutzung des eigenen Pkws. Im ländlichen Raum kann der Öffentliche Verkehr durch Mikro-ÖV-Angebote, etwa in Form von Anruf-Sammel-Taxis, sichergestellt werden. Es wird empfohlen künftig auf den Ausbau der Schiene zu setzen und den Ausbau der Straße zu stoppen.

 

Foto: Hartmut910  / pixelio.de