Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie

Das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung (BMWFW) und Wirtschaft sowie das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) haben in Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) sowie dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, und Konsumentenschutz (BMASK) und gemeinsam mit ExpertInnen (Consetec GmbH und Fraunhofer ISI) das Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie erarbeitet. Damit starten sie ab Juli 2016 eine fakten-basierte Diskussion sowie eine Online-Konsultation über eine integrierte Energie- und Klimastrategie. Im Mittelpunkt stehen Überlegungen zu den Energie- und Klimazielen bis 2030, die sich an einer langfristigen Perspektive bis zum Jahr 2050 orientieren sollen. Das Grünbuch dient dem eingeleiteten Diskussionsprozess als informative Grundlage über den Status quo hinsichtlich CO2-Emissionen, Energieverbrauch und Energieaufbringung in unterschiedlichen Sektoren in Österreich. Das Beratungsunternehmen Consetec hat zudem bestehende Szenario-Analysen anerkannter ExpertInnenberichte verglichen und Aussagen über zukünftige Entwicklungen getätigt. Auf dem Status quo sowie den Ergebnissen der Prognosen aufbauend enthält das Dokument einen umfassenden Fragenkatalog, der sich an Stakeholder und die interessierte Öffentlichkeit richtet. Ziel der nächsten Jahre ist es, eine an die aktuellen Herausforderungen angepasste Energie- und Klimastrategie mit konkreten Maßnahmen gemeinsam zu erarbeiten, die am Zielquartett der Energiepolitik – Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Leistbarkeit – festhält.

Stakeholder haben bis zum 18. September 2016 die Möglichkeit, ihre Vorstellungen  einzubringen. Hierfür ist eine Registrierung auf der Homepage erforderlich. Der VKÖ wird jedenfalls eine gemeinsame Stellungnahme für seine Mitglieder vorbereiten und bittet Sie um die Beantwortung des Fragebogens bis einschließlich 5. September 2016.   Basierend auf den Ergebnissen der Konsultation wird im nächsten Schritt ein strategisches Weißbuch mit konkreten klima- und energiepolitischen Entwicklungspfaden erarbeitet.

Am 5. Juli 2016 fand die offizielle Informationsveranstaltung zum Stakeholderprozess statt. Darin führte Consetec die wesentlichen Erkenntnisse des Grünbuchs an und leitete die größten Herausforderungen für die einzelnen Sektoren ab:

  • Strom: Im europäischen Vergleich sind die geringen CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung ein österreichisches Spezifika. Insofern ist das Emissionsreduktionspotential im Strombereich vergleichsweise gering. Gleichzeitig sind die Stromimporte in Österreich stark angestiegen, dessen Emissionen jedoch nicht in Österreich ausgewiesen werden. Alle Analysen deuten jedenfalls darauf hin, dass der Strom im Energiesystem an Bedeutung gewinnen wird.
  • Industrie & Landwirtschaft: Die Sektoren Industrie und Landwirtschaft weisen im EU-Durchschnitt hohe Emissionen auf. Das liegt vor allem an der energieintensiven Industrie. So liegt der industrielle Energieverbrauch bei ca. 30%, trotz großer Energieeffizienzanstrengungen seitens der Industrieunternehmen. Daraus könnte man ableiten, dass ein Fokus der Klima- und Energiestrategie auf den beiden Sektoren liegen könnte. Herausfordernd ist in diesem Bereichen, dass der relativ hohe Emissionsanteil in betrieblichen Prozessen seinen Ursprung findet. Im Vergleich zur Dekarbonisierung der Stromwirtschaft wird es schwieriger werden, das Reduktionspotential umzusetzen.
  • Verkehr: Auch der Verkehrssektor weist im EU-Vergleich hohe Emissionen auf, das ergibt sich u.a. – aber nicht zuletzt – aus dem Tanktourismus. Vor allem in den letzten Jahren hat sich ein erhebliches Wachstum des Energieverbrauchs abgezeichnet. Grund dafür ist v.a. der österreichische Individualverkehr. Um den Anteil der Elektroautos zu steigern, braucht es jedenfalls zusätzliche (politische) Maßnahmen.
  •  Versorgungssicherheit: Eine Gefährdung der Versorgungssicherheit liegt in Österreich rein technisch nicht vor. Problematisch sieht Consetec lediglich den Abhängkeitsgrad Österreichs von Gaslieferungen.
  • F&E: In puncto Forschung und Entwicklung (F&E) hat sich Österreich in der letzten Dekade an den EU-Durchschnitt angepasst und gilt heute als gut aufgestellt.
  • Energiekosten: Die Energiekosten Österreichs sind im EU-Durchschnitt relativ gering und stellen auch im globalen Vergleich keinen Wettbewerbsnachteil dar. Vor allem das BMASK wird sich für ein leistbares Energiesystem und eine gerechte Verteilung von Kosten innerhalb der Gesellschaft sowie eine nachfrageseitige Aktivierung der EnergiekonsumentInnen einsetzen.
  • Umsetzung der EU-Energie- und Klimaziele: Die finale Festlegung der Energie- und Klimaziele hätte unter der Ratspräsidentschaft Großbritanniens als ehemals politisches Schwergewicht innerhalb der EU erfolgen sollen. Mit dem Ergebnis der Brexit-Abstimmung könnte sich eine Konsensfindung nun zeitlich verschieben. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage (BIP/Einwohnern) wird Österreich wahrscheinlich ein hohes THG-Emissionsziel erhalten.

Hintergrund des Vorhabens sind die Ergebnisse der Klimakonferenz im Dezember 2015 in Paris (COP21), auf der sich 195 Staaten auf ein gemeinsamen Abkommen geeinigt haben. Dieses gilt es nun im Zusammenspiel mit den europäischen Klima- und Energiezielen bis 2030 in Österreich im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie umzusetzen.

Bild: M. Großmann  / pixelio.de