Abstimmung über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments

Am 22.01.2019 fand im Verkehrsausschuss (TRAN) des Europäischen Parlaments die Abstimmung über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraft-verkehrsmarkt statt.

Der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission sah eine weitgehende Liberalisierung ohne Schutz bestehender Dienstleistungsaufträge vor. Darüber hinaus hätte die zusätzliche Liberalisierung, besonders die Ausweitung der Kabotagebestimmung, auf Kosten der kommunalen Anbieter, welche der Bevölkerung ein ganzheitliches und hochwertiges Angebot zur Verfügung stellen, stattgefunden.

Der VÖWG war daher in regem Austausch mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments, um die Interessen seiner Mitglieder zu vertreten, und konnte zudem zahlreiche Änderungsanträge einbringen.

Hier ein kurzer Überblick über die wesentlichen Ergebnisse der Abstimmung im TRAN im Vergleich zum Vorschlag der Kommission:

  • Bestehenden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen wird besonderer Schutz eingeräumt. Die Verordnung soll unbeschadet der Bestimmungen der Verordnung 1370/2007 (Public Service Obligations) über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gelten.
    (Artikel 1 – Absatz 4 ; Artikel 8 – Absatz 4 a (neu) ; Artikel 8 c – Absatz 2 (c a) ; Artikel 8 d – Absatz 1 a (neu))
  • Städte und deren Umland sind vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen.
    (Artikel 1 – Absatz 4 ; Artikel 8 d – Absatz 1; Artikel 15 c)
  • Die zugelassene Kabotage ist auch unabhängig von grenzüberschreitendem Transport und unabhängig von Zeitweiligkeit möglich („regular services performed by a carrier not resident in the host Member State, in the course of a regular national service in accordance with this Regulation.“).
    (Artikel 15 ca)

  • Die neu einzurichtende Regulierungsbehörde hat zahlreiche Rechte, Möglichkeiten und verfügt über Entscheidungsgewalt. Die Kompetenzen der Regulierungsbehörde wurden laut TRAN im Vergleich zum Kommissions-vorschlag nur etwas entschärft (z.B. durch Einbeziehung der Befugnisse der nationalen Wettbewerbsbehörden).
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    ie Regulierungsbehörde muss von jeder zuständigen Behörde, die an der Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags beteiligt ist, unabhängig sein. Dies bedeutet einen teuren zusätzlichen Verwaltungsaufwand für diejenigen Mitgliedstaaten, die derzeit nicht über eine solche Stelle verfügen. Um diese Kosten zu begrenzen, kann die Regulierungsstelle eine bestehende Stelle sein, die für andere regulierte Dienste zuständig ist.
    Der Regulierungsbehörde wurde zudem die Aufgabe der Schaffung eines öffentlich zugänglichen elektronischen Registers, in dem alle zugelassenen nationalen und internationalen Liniendienste aufgeführt sind, übertragen.

  • Eine Niederlassungspflicht (gemäß VO 1071/2009) für ein nicht-ansässiges Verkehrsunternehmen kann durch die Mitgliedsstaaten festgelegt werden. Die Niederlassungspflicht kann verlangt werden, nachdem dem Verkehrsunter-nehmen die Genehmigung für einen nationalen Liniendienst erteilt wurde und bevor das Verkehrsunternehmen den betreffenden Dienst in Betrieb nimmt.
    (Artikel 11 – Absatz 3a (neu))

  • Die ursprünglich verpflichtende Erteilung des Zugangs zu Busbahnhöfen an Antragstellende (mit wenigen Ausnahmen) und die Nennung tragfähiger Alternativen im Fall einer Ablehnung des Zugangs sind laut Abstimmung im TRAN leicht entschärft. Zudem können die Mitgliedstaaten Busbahnhöfe, die sich im Besitz des Busbahnhofbetreibers befinden und von ihm ausschließlich für seine eigenen Straßenpersonenverkehrsdienste genutzt werden, von der Anwendung des Artikels 5 a (Zugang zu Busbahnhöfen) ausnehmen. Busbahnhofbetreiber müssen unverzüglich über jeden Antrag auf Zugang zu einem Busbahnhof entscheiden, spätestens jedoch einen Monat nach Einreichung des Antrags durch das Verkehrsunternehmen. Wird der Zugang verweigert, muss der Busbahnhofbetreiber seine Entscheidung begründen.
    (Artikel 5a ; Artikel 5b)

  • Die Fristen in den Verfahren sind durch den TRAN deutlich verkürzt worden.
    (betrifft mehrere Artikel)

  • Es wird den Mitgliedstaaten ermöglicht, das Genehmigungssystem für den nationalen Linienverkehr in Bezug auf die Genehmigungsverfahren und die Kilometergrenzwerte weiter zu liberalisieren, als es der Vorschlag vorsieht.
    (Artikel 8d – Absatz 5a (neu))

  • Der TRAN führt für Mitgliedsstaaten die Möglichkeit ein, die Genehmigung eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes über eine Fahrtstrecken-Entfernung von bis zu 100 km auszusetzen oder zu widerrufen, wenn das wirtschaftliche Gleichgewicht eines öffentlichen Dienstleistungsvertrags aus außergewöhnlichen Gründen, die zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung nicht vorhersehbar waren und die nicht in der Verantwortung des Eigentümers des öffentlichen Dienstleistungsvertrags lagen, beeinträchtigt wurde. Dafür ist die Zustimmung der Kommission notwendig. Dem Transportunternehmen, das den Verkehrsdienst durchführt, muss eine Frist von sechs Monaten eingeräumt werden. Zudem muss dem Transportunerhmen die Möglichkeit gegeben werden, gegen eine solche Entscheidung Berufung einzulegen.
    (Artikel 8 – Absatz 4a (neu));

  • Ein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller die Genehmigung für den Betrieb eines Linienverkehrs auf derselben Strecke oder einer alternativen Strecke beantragt hat, auf der eine zuständige Behörde einem Betreiber eines öffentlichen Personenverkehrsdienstes ein ausschließliches Recht im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 eingeräumt hat.
    (Artikel 8 c – Absatz 2 (c a) (neu))

  • Genehmigungsbehörden dürfen einen Antrag nicht allein deshalb ablehnen, weil das um die Genehmigung ansuchende Verkehrsunternehmen niedrigere Preise anbietet als andere Verkehrsunternehmen, es sei denn, die Regulierungsbehörde oder andere zuständige nationale Behörden stellen fest, dass der Antragsteller, der den Markteintritt anstrebt, plant, für einen längeren Zeitraum Dienstleistungen unterhalb eines Normalwerts anzubieten, und dass er dadurch den fairen Wettbewerb beeinträchtigen könnte.
    (Article 8c – Abstatz 2 – Unterabsatz 3)

  • Mitgliedsstaaten können das Zugangsrecht zudem in folgenen Fällen einschränken:
    • Für Dienstleistungen bis zu einer Entfernung von 100 km, wenn sie das wirtschaftliche Gleichgewicht eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags beeinträchtigen würden.
    • Für Dienstleistungen jeglicher Entfernung, wenn sie in einem städtischen Gebiet oder dessen Ballungsraum stattfinden.
    • Für Verkehrsdienste, die dieselben oder alternative Strecken bedienen würden, auf denen einem bestehenden Betreiber des öffentlichen Dienstes Exklusivrechte gewährt wurden.

Hier finden Sie alle Dokumente zum Dossier sowie den abgestimmten Bericht des TRAN-Ausschusses.

 

Weiterer Verlauf zum Dossier:

Das Europäische Parlament wird voraussichtlich im Februar oder März 2019 im Plenum über den Bericht abstimmen. Sobald das Europäische Parlament im Plenum als auch der Rat eine Position erarbeitet haben, können die Trilog-Verhandlungen zwischen den Institutionen beginnen. Der Rat hat sich bisher allerdings noch kaum mit dem neuen Vorschlag befasst. Aus derzeitiger Sicht wird dieses Dossier vom Rat während der rumänischen Ratspräsidentschaft nicht behandelt.